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Kopfbedeckungen der Hochgotik von Gabriele Klostermann


Kopfbedeckungen der Hochgotik

letzte Änderung: 18.01.2022

Kopfbedeckungen wurden im Mittelalter fast immer getragen, egal, ob Frau oder Mann, ob reich oder arm. Das ist in unserer heutigen, nahezu kopfbedeckungsfreien Zeit kaum noch nachzuvollziehen. Allerdings braucht man nur einmal seine Eltern oder Großeltern zu fragen, um zu erfahren, dass diese stets "gut behütet" aus dem Haus gingen. Oder man sieht sich in den südeuropäischen Ländern einmal Sonntag vormittags in einem Dorf um, wenn die Dorfbewohner zur Messe gehen: die Frauen werden ihre Haare mit einem Kopftuch bedecken. Alle Trachten weisen Kopfbedeckungen auf, teilweise recht prächtig, so dass man nicht zu Unrecht von "Kopfputz" reden kann. Trachten jedoch, auch Festtagstrachten, sind an die damalige Alltagskleidung angelehnt. Das Tragen von Kopfbedeckungen hat mehrere Gründe: Bei Frauen waren das zunächst einmal hauptsächlich religiöse/kulturelle Gründe. Die Kirche schrieb vor, angelehnt an die in der Bibel beschriebene orientalische Sitte, das Haar − zumindest bei der verheirateten Frau − zu verhüllen. Beim Kirchgang hatten jedoch auch Jungfrauen das Haar zu bedecken. In der jüdischen Religion trifft das ja auch auf Männer zu: man tritt Gott nicht mit unbedecktem Haupt entgegen. Wobei der Grad der Verhüllung doch recht unterschiedlich sein konnte.
Tatsächlich gab die Art der Kopfbedeckung im 13. Jahrhundert Auskunft über den Familienstand der Frau. Schleier und Haube konnten von allen Frauen getagen werden. Verheiratete Frauen dagegen trugen immer ein Gebende oder einen Wimpel (ggf. zusätzlich zu Haube und/oder Schleier). Gebende und Wimpel waren den verheirateten Frauen vorbehalten.
Vereinfacht gesagt gilt demnach: Ist etwas um das Kinn gewickelt, handelt es sich um eine verheiratete Frau (oder Witwe), ist das Kinn frei, ist die Frau unverheiratet - unabhängig von dem, was sie sonst noch so auf dem Kopf trägt. Und noch einmal zur Sicherheit: das gilt so für die Zeit zwischen 1230 und 1330. Davor und dannach hab ich das noch nicht so genau recherchiert.
Woher ich das weiß? Nun, ich habe mir die Mühe gemacht, alle Abbildungen, die ich habe (und das sind einige) nach eindeutig verheiratenen Frauen, bzw. eindeutigen Jungfrauen abzusuchen und diese auszuwerten. Das Ergebnis ist zeimlich eindeutig. Ich würde mit einer Sicherheit von 95% sagen, dass eine Frau mit Gebende verheiratet ist. Dem Umkehrschluss, dass eine Frau mit nur Schleier unverheiratet ist, würde ich eine Wahrscheinlichkeit von 80% geben.
Als Beispiel für eindeutig verheiratete Frauen habe ich z.B. Elisabeth von Thüringen, Elisabeth (Frau von Joachim und Mutter Johannes des Täufers), Anna (Mutter von Maria) und diverse Fürsten-Grabmäler genommmen. Als typische Jungfrau sind die klugen und törichten Jungfrauen, Maria und Ruth zu nennen.
Ein anderer Grund für das Tragen von Kopfbedeckungen ist natürlich die Eitelkeit. Abgesehen davon, dass die Kopfbedeckung selber einfach schön aussieht ("Kopfputz"), muss man auch noch beachten, dass häufiges Haarewaschen, so wie bei uns heutzutage, damals aufgrund der wenig verträglichen Waschmittel, kaum möglich war. ("Schauma" hat übrigens noch zu Beginn dieses Jahrhunderts in einer Werbung vom wöchentlichen Haarewaschen geschrieben...). Es ist zwar in der Kritik der Prediger immer wieder von übertriebener Haarpflege zu hören, aber ich glaube kaum, dass man da heutige Maßstäbe ansetzen kann. Wollte man also vernünftig aussehen, bedeckte man die etwas unansehnlichen Haare mit einer ansehnlichen Kopfbedeckung.
Zum anderen konnte die Kopfbedeckung natürlich auch als Schutz vor Wind, Wetter, Hitze, Kälte, Schmutz und Staub dienen.
Bei einigen Kopfbedeckungen müssen wir auch noch eine zeitliche Entwicklung berücksichtigen. Die gilt in Nuancen für das Gebende, das z.B. in der Höhe abnimmt oder Schleierformen, die sich entwicklen. Auch die Haube macht den Wandel von der Arbeitsbekleidung zum modischen Accessoire durch. Besonders wichtig ist die zeitliche Eingrenzung jedoch bei den Männerkopfbedeckungen. Die große Vielfalt der Hüte beginnt erst im 14. Jahrhundert, davor haben wir eine eingeschränkte Formenausprägung. Kopfbedeckungen, die zweckgebunden waren und nicht als modisches Accessoire getragen wurden: z.B. der Filzhut als Wetterschutz für Bauern oder Reisende, der Zinnenhut für Herrscher oder die einfache nadelgebundene Mütze für ältere Herren mit schütterem Haar - alles keine Optionen für den modebewussten Bürger oder Handwerker. Der war bis zum Ende des 13. Jahrhunderts eben meist barhäuptig (es sei denn, er war auf Reisen, alt oder hatte eine dreckige Arbeit zu verrichten).
Die mittelalterlichen Kopfbedeckungen behandle ich getrennt nach Frauen und Männern.

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