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Mode im Mittelalter von Gabriele Klostermann



Überkleid

letzte Änderung: 30.06.2024

Über dem eigentlichen Kleid (Oberkleid) konnte noch ein Überkleid getragen werden.
Dieses konnte entweder dem Kälte- oder Wetterschutz dienen oder der Repräsentation.
Im ersteren Fall kann man es mit einem heutigen Anorak oder Mantel vergleichen, im zweiten Fall mit einem Jacket.
Das Goslarer Krämerrecht von 1281 z.B. untersagt den Frauen der Gilde ohne Überkleid das Haus zu verlassen. Die Existenz einer solchen Regel besagt natürlich auch, dass sich offenbar nicht alle daran hielten (sonst hätte man sie nicht aufschreiben müssen), sie zeigt aber ebenso, was als richtig und sittsam empfunden wurde.
Ansonsten ist noch auffällig, dass es kaum Quellen zur Kälte- und Wetterbekleidung für Frauen gab. Insofern ist es hier mitunter schwierig, genug Quellen zusammenzubringen, um eine Rekonstruktion daraus ableiten zu können.
Warum ist das so? Pergament ist teuer, Buchmaerei ist sehr aufwändig. Für Skulpturen gilt das ebenfalls. Deshalb zeigt die bildenden Kunst eben nur das, was den Leuten damals wirklich wichtig erschien: hauptsächlich christlich beeinflusste Szenarien, Geschichten und Gestalten aus der Bibel etwa. Hier sind Frauen aber nicht allzu oft handelnde Personen und wenn, sind sie in den allermeisten Fällen weder Kälte noch schlechtem Wetter ausgesetzt. Bei Männern ist das anders: hier haben wir z.B. die Hirten auf dem Feld bei der Verkündigung oder David als Hirte. Hirten sind meist mit Wetter-Bekleidung abgebildet, daran kann man sie erkennen. Oder wir haben die heiligen Drei Könige als wohlhabende Reisende. Selbst die wenigen Werke, die sich nicht im biblischen Kontext bewegen, wie z.B. die Manessesche Liederhandschrift, zeigt eher den höfischen Kontext - und auch hier sind Frauen eher weniger dem schlechten Wetter ausgesetzt.
Auch bei den Überkleidern zeigt sich im angesprochenen Zeitraum eine Entwicklung. Zwar blieben viele Gewandformen die ganze Zeit (also ca. 100 Jahre) über modern, aber im letztes Drittel des 13. Jahrhunderts wurden die Formen des Überkleides vielfältiger.
Im Folgenden soll auf die verschiedenen Überkleider eingegangen werden:


Surkot

letzte Änderung: 30.06.2024

Der Name Surkot kommt aus dem Französischen und bedeutet einfach "Überkleid" (frz.: sur = über, kot = Kleid [vgl. cotte]). Der Begriff ist nicht klar abgrenzbar von der "Sukenie". Ferner ist sehr gut möglich, dass einige hier vorgestellt Kleidungsstücke einen anderen Namen hatten, der heute nicht mehr bekannt, bzw. nicht klar zuordbar ist. Insgesamt werden hier unter dem Begriff Surkot Kleidungsstücke abgehandelt, die eben über dem eigentlichen Oberkleid getragen werden und selbst die typische Cottenform besitzten. Lediglich bei den Ärmlen weicht der Schnitt ab: Der Surkot ist entweder ärmellos oder er hat 3/4-Ärmel. Letztere wiederum konnten als Schlupfärmel ausgebildet sein, mit nicht vollkommen geschlossenen Ärmelnähten, so dass man die Arme aus dem Surkot herausnehmen konnte und die Ärmel hinten auf dem Rücken dekorativ herunterhingen (Abb. 3.2, Abb. 3.3).
Meist war der Surkot mit Seide oder Pelz gefüttert.
Die Ärmelausschnitte waren meist recht weit, teilweise sogar ziemlich stark ausgeschnitten (Abb. 3.4).
Ab hier werden Frauen- und Männer-Surkots getrennt behandelt.

Frauen-Surkots
Grundsätzlich kamen die Surkots für Frauen später auf als die für Männer: der ärmellose Surkot so gegen 1250, der Schlupfärmelsurkot so gegen 1280.
Frauensurkots waren ungeschlitzt, dafür aber immer überlang (entsprechend dem Obergewand). In den allermeisten Fällen wurde der Surkot ungegürtet getragen. Das Surkot gehört im betrachteten Zeitraum bei Frauen zu den Repräsentationskleidungsstücken. Das überlange, stoffreiche, nicht gegürtete (und damit auch nicht hochbauschbare) Kleidungsstück macht schon von Weitem klar: die Trägerin muss nicht arbeiten - denn mit diesem Kleid kann sie gar nicht arbeiten. Sie braucht mindestens eine Hand, um die Stofffülle zu raffen, um überhaupt gehen zu können. Dieses elegante Raffen des Surkots mit einer Hand ist ein beliebtes Motiv in der bildenden Kunst. Bei den Skulpturen haben die typischen Falten, die sich in der Körpermitte dabei bilden sogar einen eigenen Namen: Schüsselfalten.
Männer-Surkots
Teilweise wies der Surkot beim Mann Seitenschlitze oder Vorder- und/oder Hinterschlitz auf. Diese Schlitze konnten gegen Ende des 13. Jahrhunderts auch knöpfbar sein. Dies ist allerdings eine sehr extravagante Form (siehe auch Knöpfe).
Männersurkots werden öfter auch gegürtet dargestellt, sowohl mit Gürtel (Abb. 3.6) als auch mit Schwertgurt. Der Surkot konnte auch einen V-Ausschnitt aufweisen (Abb. 3.4, siehe auch Manesse Tafel 80, 61).
Manchmal ist auch der Surkot eine handbreit kürzer als die darunter liegende Cotte.
Bei Männern sind die meisten Abbildungen auch in den Bereich Repräsentationskleidung einzuordnen. Allerdings gibt es hier eine handvoll Ausnahmen, in denen z.B. ein kurzes Surkot gezeigt wird, das eher als Funktionskleidung einzuordnen ist (Abb. 3.7).


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Mantel / Umhang

letzte Änderung: 30.06.2024

Unter einem Mantel verstehen wir im 13. Jahrhundert ein ärmelloses Kleidungssück mehr oder weniger aus einem Stück Stoff gefertigt, das vorne mehr oder weniger offen ist. Der Mantel ist das am häufigsten abbgebildete Überkleid.
In den meisten Fällen handelt es sich dabei vermutlich um einen Halbkreis. Die erhaltenen Fundstücke (nicht nur aus dem hier betrachteten Zeitraum) weisen in seltenen Fällen eine Aussparung für den Hals aus. Die meisten kommen jedoch ohne eine solche Aussparung aus. Von der Länge her ist er bei Frauen wohl meist überbodenlang, wenn er vorne am Hals geschlossen wird, verkürzt ihn das optisch etwas. Bei Männern ist der Mantel in den allermeisten Fällen waden- bis knöchellang. Ab und zu sieht man bei Männern auch etwas, was man als kürzeren, oberschenkel- bzw. knielangen Halbkreismantel interpretieren könnte.

Der Halbkreismantel konnte auf verschiedene Weisen getragen, bzw. drapiert werden:

Die einfachste Variante ist es, den Halbkreis einfach mittig über die Schultern zu legen. Der Mantel hängt dann vorne auf beiden Seiten gleichmäßig herunter (siehe auch Abb. 3.20, 1. von rechts.)



Der Mantel konnte auch über den Kopf gelegt werden. Dies sieht man meist bei Frauen, aber es gibt auch einige wenige Abbildungen von Männer mit dieser Trageweise (Abb. 3.23, Abb. 3.24 (Seitenansicht), Abb. 3.25).



Sehr oft sieht man, wie die vorne herabhängenden Mantelseiten auf einer oder beiden Seiten gefrafft werden (siehe auch Abb. 3.20, 1. von links.).



Eine weitere Trageweise ist das dramatische Drapieren des Mantels, indem man ihn um den Körper wickelt (siehe auch Abb. 3.20, 3. von links und 2. von rechts.).



Eine Unterart hiervon ist das Drapieren des Mantels als Fake-Cappa. Mehr dazu siehe auch unter "Externe Links zum Thema".



Vielfach sieht man auch dne Mantel vorne am Halsauschnitt mit einer Art Fibel befestigt (siehe auch Abb. 3.20, 2. von links). Auf Abb. 3.29 kann man sogar den kragenartigen Faltenwurdf erkennen, der sich dabei ergibt, wenn man einen Halbkreismantel so verschließt. Mitunter sieht man auch keine Fibel. Hier könnte der Mantel vorne einfach zusammengenäht sein (Abb. 3.35). Auf einigen Abbildungen sieht man auch, wie der Mantel, mitsamt Verschluss, quasi ungeöffnet einfach nur über die Schultern gelegt wird, anstatt ihn über den Kopf zu ziehen (Abb. 3.36).


Eine weitere Verschlussmöglichkeit vorne, die jedoch erst gegen 1300 auftaucht, sind Knöfpe, hier meist 3 - 7 kleine Kugelknöpfe. Hier kann man sogar den kragenartigen Faltenwurf erkennen, der sich dabei ergibt.



Eine weitere Variante des Halbkreismantels ist der Schnur- oder Tasselmantel. Hier wir der Mantel vorne locker durch zwei Schnüre (Abb. 3.31) oder ein Band (Abb. 3.32, siehe hierzu auch unter "Externe Links zum Thema") (Länge ca. 30 cm) zusammen gehalten. Dabei klafft er vorne natürlich weit auseinander, aber fällt nicht so einfach von den Schultern. Das ist z.B. wichtig, wenn der Mantel mit Seide gefüttert ist, die sehr leicht gleitet, im Gegensatz etwas zu Wollstoff. Das Tasselband konnte dabei noch mit Beschlägen verziert sein. An den Enden des Bandes sieht man das Band oft in Quasten (vergleiche englisch: tassels) auslaufen oder das Band endet an den sogenannten Tasselscheiben, mit denen das Band fixiert wurde. Oft wird auch dargestellt, wie die Trägerin die Finger einer Hand in das Tasselband hakt. Auch diese Geste galt aus ausgesprochen vornehm. Der Schnur- bzw. Tasselmantel ist meist im höfischen Kontext dargestellt und ist hier den Repräsentationskleidungstücke zuzuordnen. Speziell der Tasselmantel konnte eine Art Revers aufweisen (Abb. 3.33), das vermutlich gegen 1200 aufkam und zum Ende des Jahhundert wieder verschwand.

Wobei es offenabr auch noch die Version gab, einen Schnurmantel oben zu schließen.



Hier sind Beispiele für mutmaßlich kürzere Halbkreismäntel bei Männern zu sehen. Sie werden in Kombination mit der knielangen Cotta getragen.



Auch wenn uns die Halbkreismäntel nicht gerade sehr praktisch erscheinen, wurden sie im 13. Jahhundert offenbar nicht nur als Repräsentationskleidung verwendet. Ein Bild aus der Bible Porta (Ende 13. Jh.) zeigt den Auszug von Abraham, seiner Frau Sarah und Lot aus Haran nach Kanaan (Abb. 3.34). Hier dienen die Mäntel offenbar als Reisekleidung.
Eines ist an den Mänteln auf jeden Fall praktisch, vor allem für Frauen: sie sind einfach an- und abzulegen, da man sie nicht über den Kopf ziehen muss - was vor allem beim Tragen einer Kopfbedeckung sehr hilfreich ist.


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Garde-Corps

letzte Änderung: 09.06.2024

Das Garde-Corps (von frz. garde = beschütze und coprs = Körper) ist ein Reisegewand, teils mit Kapuze, über den Kopf zu ziehen, mit sehr langen Ärmeln, teilweise bis ans Knie ober bis zum Rocksaum. Die Ärmel konnten auf Höhe des Ellenbogens einen Schlitz zum Durchstecken der Unterarme aufweisen oder der Arm konnte ganz aus dem Ärmel genommen werden (Abb. 3.50).
Für die Frau scheint der Garde-Corps sehr weite Ärmel gehabt zu haben und einen sehr weiten "Rock", da er keinen Reitschlitz besaß, wie das Pendant des Mannes (Abb. 3.52, siehe auch Manesse Tafel 59). Abbildung 3.53 zeigt die Armschlitze ganz gut.
Während der Garde-Corps für den Mann schon Mitte des 13. Jahrhunderts aufkommt (Abb. 3.51), ist er für die Frau später zu beobachten. Die früheste Abbildung aus Deutschland ist vom Freibuger Münster um 1286-1300 (Abb. 3.53. Hier kann man auch einmal sehr gut sehen, welche Probleme beim Interpretieren von Quellen auftauchen können: Die Ärmel des Garde-coprs sind hier in einer anderen Farbe dargstellt. Dies ist die einzige Abbildung für ein Garde-Corps (oder überhaupt ein Kleidungsstück) mit andersfarbigen Ärmeln. Wenn man nun weiß, dass das Freiburger Münster gerade frisch restauriert wurde und dabei die Farbegebung einer viel früheren Restauration zurückgegriffen wurde, dann muss man die farbigen Ärmel in einem anderen Licht betrachten. Es liegt also der Schluss nahe, dass der Restaurator damals das Kleidungsstück anders interpretiert hat. Die Farbgebung sollte daher beim Freiburger Münster außen vor bleiben...
Insgesamt scheint der Garde-Corps für Männer häufiger vorzukommen als für Frauen.


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Garnache

letzte Änderung: 09.06.2024

Die Garnache ist hauptsächlich für den Mann belegt. Sie war ein über den Kopf zu ziehendes Gewand mit "Fledermausärmeln". (Abb. 3.60, siehe auch Manesse Tafeln 39, 49, 120, 135).
Eine weitere Variante (Abb. 3.61), bei der die Fledermausärmel offenbar nur oben angenäht sind, habe ich in der deutschen Weltchronik (Rudolf von Ems) gefunden (bisher aber auch nur dort).


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Kappe / Cappa

letzte Änderung: 05.06.2024

Die Kappe (cappa) war hauptsächlich ein Wetterschutz, der ärmellos und über den Kopf zu ziehen war und mit einer angesetzter Kapuze ausgestattet sein konnte. Sie konnte verschiedene Formen und Längen haben. Die kurze Variante ist als Arbeits- und Bauernkleidung anzusehen. Dabei konnte die Kappe entweder rundrum geschlossen sein. Das konnte entweder durch einen vorne zusammen genähten Kreisausschnitt (z.B. Halbkreis) gewährleistet werden oder durch ein rechteckiges Stoffstück. Für letzteres ist ein schöne Anleitgung im nebenstehenden Link-Kasten zu finden.
Eine weitere Möglichkeit ist ein rechteckiges Stoffstück mit einem Loch für den Kopf, also eine Art rechteckiger Poncho.


Die Cappa für Männer nachzuweisen, ist ziemlich unproblematisch, denn sie kommt häufig im Zusammenhang mit Hirten zum Einsatz, welchehäufiger abbgebildet werden. Hier kommen alle beschriebenen Variante vor:

  • Rechteck-Cappa (Abb. 3.70)
  • Die Halbkreis-Cappa (Abb. 3.71, Abb. 3.72))
  • Der poncho-artiger Überwurf (Abb. 3.73, Abb. 3.74, Abb. 3.75)

Wesentlich schwieriger gestaltet sich das Thema Cappa bei Frauen. Vorallem, weil man den Halbkreismantel leicht so drapieren kann, dass er wie eine Recheck-Cappa aussieht. Eine Rechteck-Cappa für Frauen kann man daher nur eideutig identifizieren, wenn sie frontal abgebildet ist und man im Brustbereich nur wenige Falten sieht. Das ist durchaus auf einigen Abbildungen der Fall - aber nur bis ca. 1250 (Abb. 3.76, Abb. 3.77). Danach taucht diese Cappa-Form bei Frauen nicht mehr auf.
Danach findet sich sehr spärlich etwas, was man als Teilkreis-Cappa identifizieren könnte - allerdings kenne ich tatsächlich nur zwei Abbildungen davon (Abb. 3.78, Abb. 3.79), und selbst die sind insofern vielleicht fraglich, da es sich in beiden Fällen ausgerechnet um Maria handelt. Allerdings ist mir bisher nicht bekannt, dass Maria mit komplett Frauen-untypischer Kleidung dargestellt wird (aber ich bin da auch kein Experte).
In der Manesse habe ich eine Form gefunden, die offenbar aus einem bodenlangen Vollkreis besteht und zusätzlich Schlupflöcher für die Arme hat (Abb. 3.80) . Dies macht bei einer bodenlangen Kappe auch Sinn, da es sonst schwierig wird, die Hände aus diesen Stoffmasen nach unten "heraus zu wurschteln". Im englischen Edward-Psalter kann man zumindest eine Abbildung ebenfalls in diese Richtung interpretieren (Abb. 3.81).Letztendlich könnte man aber auch diese Vollkreis-Cappas als Gardekorps einordnen.
Wie man sieht, eine ganze Menge "hätte", "könnte" und "vielleicht". Insgesamt sind die Belege mehr als spärlich und in Menge und Eindeutigkeit bleiben sie weit hinter dem Halbkreismantel zurück.

Das Wort cappa hat sich bis heute im (englischen) Cape erhalten und wenn man den Begriff kennt, wird auch klar, dass Siegfrieds "Tarnkappe" ein Tarn-Überwurf war und kein Hut - ebenso wie Rotkäppchen ein rotes Mäntelchen trug und nicht etwa ein rotes Käppi ;-).


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Sukenie

Die Sukenie ist nicht eindeutig vom Surkot zu unterscheiden.


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