Mode im Mittelalter von Gabriele Klostermann
Unterkleid
Ein Unterkleid (niderkleit) wurde immer getragen, denn es diente zum Schutz der Kleidung vor Schweiß. Schließlich war die Reinigung der Kleider im Mittelalter weitaus komplizierter als heute.
Das Untergewand war meist aus weißem Leinen gefertigt. Bei sehr wohlhabenden Leuten konnte auch das Unterkleid auch aus Seide bestehen und mit Borten besetzt oder bestickt sein. Es kam oft unter dem Oberkleid zum Vorschein, vor allem am Halsausschnitt, unter den Tütenärmeln und unter dem Rocksaum des Oberkleides.
Auch die Chainse zählt zu den Unterkleidern und leitet sich vermutlich aus dem Wort "Chansil" (eine Halbseide) ab. Ganz klar ist ihre Bedeutung nicht, da die Chainse nicht immer eindeutig vom niderkleit zu trennen ist. Ich nehme an, daß die Chainse über dem niderkleit und unter dem Obergewand getragen wurde. Da das Unterkleid teilweise am Halsausschnitt sichtbar wurde und auch unter den Tütenärmeln zum Vorschein kam, wollte man dafür vermutlich einen etwas schöneren Stoff verwenden. Deshalb war die Chainse aus Chansil oder Sendel (eine leichte, preisgünstige Seide des MA) gefertigt, teilweise auch aus Leinen. Bildliche Darstellungen, vor allem an Statuen, zeigen den Unterarm der Chainse, die unter dem Tütenärmel sichtbar wird, oft in kleine Parallelfältchen gelegt. Diese lassen sich meines Erachtens am ehesten durch eine Schnürung des Unterärmels erzeugen. Eine andere Methode geht von einem extrem überlangen Ärmel aus, der dann zurückgeschoben wird, sich am Unterarm staut und dadurch die Falten erzeugt. Dabei muß man jedoch beachten, daß der Unterärmel weit genug ist, daß die Hände hindurch passen. Nach dem Zurückschieben des Ärmels muß der Ärmel an Ende durch eine Schnürung am Handgelenk fixiert werden, da er sonst beim Hängenlassen des Arms wieder herunterrutscht.(Abb. 1).
Auch am Halsausschnitt scheint die Chainse oft in senkrechte Parallelfalten gelegt oder geschnürt worden zu sein. Über diesen Mechanismus bin ich mir jedoch noch nicht ganz im klaren. Es könnte sich auch hier um ein Schnüren, bzw. ein Raffen des Gewandes handeln, daß mit Hilfe einer im Saum des Halsausschnitts eingefädelten Kordel erreicht wurde. Dadurch hätte man − bei aufgezogenem Ausschnitt − Platz für den Kopf. Nach dem Anziehen könnte man dann den Ausschnitt zuziehen, wodurch die Längsfältelung des Untergewandes entstehen würde.
Bruche und Beinlinge für den Mann sowie Strümpfe für die Frau haben sich im Hochmittelalter nicht sehr verändert: siehe daher unter Gewandformen im Mittelalter (1230 bis 1320) − Unterkleid.