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Vorwort zur Manesseschen Liederhandschrift
Die Miniaturen der Maneseschen Liederhandschrift zeigen 137 Minnesänger in einer Umgebung oder Handlungdweise, durch die ihr Leben, ihre Werke oder ihre Namen charakerisiert werden. Diese Sinnbilder zeigen vielfach Alltagssituationen oder Kämpfe. Darüber hinaus sind alle Minnesänger recht prächtig und vielfältig gewandet dargestellt, so dass die Manessesche Liederhandschrift ein wahrer Fundus für die Recherchen über das mittelalterliche Alltagsleben ist.
Die Handschrift entstand im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts in der Gegend von Zürich. Sie ist das Auftragswerks eines Kreises von Adeligen und höherem Klerus, der sich das ehrgeizige Ziel gesteckt hatte, eine möglichst komplette Sammlung der Minnesänger und ihrer Gedichte zwischen 1160/70 und 1330 zu erstellen. Zu diesem Zirkel gehörten auch die Herren Manesse, von denen die Handschrift ihren Namen erhielt. Sie ist auch unter dem Namen "Große Heidelberger Liederhandschrift" bekannt.
Neben den Gedichten der Minnesänger wurden auch Illustrationen des jeweiligen Sängers in Auftrag gegeben, die den Künstler in einer ihn charakterisierenden Umgebung darstellen sollten. Im Folgenden sollen diese Bilder genauer betrachtet werden und zwar losgelöst vom Minnesang als Quelle für Mode, Rüsttechnik und Gebrauchsgegenstände.
Die Miniaturen der Manesse wurden von vier verschiedenen Malern und ihren Gehilfen gemalt. Dabei wurde der größte Teil (110 Abbildungen) vom sogenannten Grundstockmaler zwischen ca. 1300 und 1315 erstellt. Diese Bilder sind durch eine besondere Einheitlichkeit gekennzeichnet und durch die für die typischen kräftigen, unvermischten Farben. Auch die Rahmen der Abbildungen sind einheitlich in den Farben Zinnober und Purpur, Blau, Grün und Gold gehalten und weisen zumeist eine Streifen- oder Rautenmusterung auf.
Die Bilder des Grundstockmalers scheinen in Bezug auf die Rüsttechnik nicht unbedingt das Allermondernste darzustellen. Es werden lediglich Kettenhemden ind Kombination mit Gambesons gezeigt. Die Darstellung der Mode scheint jedoch "up to date" zu sein, wie die neueren Gewand- und Kopfbedeckungsformen (Gardecorps auch für Frauen, umgekrempelte Gugel bei den Herren) und die zahlreichen Knöpfe (auch im Bereich des Ärmels) deutlich zeigen.
Die 3 Nachtragsmaler, die bis ca. 1330 noch insgesamt 27 Miniaturen fertigten, sind teilweise etwas "moderner" in Bezug auf Mode und Rüstung. Hat der Grundstockmaler ausschließlich Kettenhemden abgebildet, so finden wir hier auch schon Plattenteile (z.B. Tafel 73). Auch die Frisuren der Frauen zeigen hier zeigen die Weiterentwicklung der Mode im gegen Ende des ersten Viertels des 14. Jahrhunderts (die seitlich hochgesteckten Flechten).
Auch sonst unterscheiden sich die Bilder der Nachtragsmaler von denen des Grundstockmalers in Farbwahl und Rahmenmusterung: Es wurden mehr gedecktere Mischfarben verwendet, was die Bilder insgesamt etwas blasser wirken läßt und die Rahmen wurden mit Blumen, Ranken oder Kugeln verziert.
Für Ergänzung oder Berichtigung meiner Kommentare wäre ich sehr dankbar, genauso wie für jede Art der Kritik (positiv oder negativ, aber natürlich immer konstruktiv ;-)).
Quelle:
Codex Manesse - Die Miniaturen der Großen Heidelberger Liederhandschrift, Inselverlag Herausgegeben und erläutert von Ingo F. Walther unter Mitarbeit von Gisela Siebert